Am Gehsteig. Wohin? Wonach sich richten, wenn man die Richtung einschlägt? Den Erlebnissen nachjagen? Suchen und trachten nach dem Außergewöhnlichen, Einmaligen, nach dem Persönlichen oder doch nur den Trend verfolgen? Die Reisejäger sehnen sich nach dem Besonderen. Die Reisepfadfinder, einer höheren Macht folgend, suchen nach Beitrag und Selbsterziehung? Vielleicht doch nur als Touristin, von der bekannten im Reiseführer erwähnten Route geleitet, sich an der eigenen Präsenz und Erleichterung erfreuen. Keine Reise ist wie die Andere. Alleine oder mit anderen gemeinsam planen? Die Entscheidung ist getroffen. Unsere Freundin, mit der wir ihr Heimatland bereisen, will selbst die Stadt, in der sie einmal das Nützliche suchte, als Fremde betrachten. Sie meint, es sei gut den Wegweisern zu folgen. Wir sind einverstanden. Das Ziel dieser Stadtwanderung ist Sofia‘s Sehenswürdigkeit!
Ich schlage vor eine Abkürzung zu nehmen, nicht weil ich schneller vorankommen möchte oder aus Langeweile. Nein, mein Verstand ist sehr wohl noch mit diesem Anblick beschäftigt. Vielleicht weil mir gerade dieses Bild ein Unwohl bereitet. Es ist eine Tankstelle und gleich dahinter eine Kirche. Ich sende Dir ein Bild davon. Da geht mir auf einmal durch den Kopf: `Was für die Einen das Erdöl bedeutet, bedeutet für die Anderen die Hingabe. Alles scheint im Aufbau zu sein. Ist wohl dieses, das Bild, was mich in Bezug auf das Leben dieser Stadt zeichnen wird?`
Wir stehen vor einen Zaun im Gebüsch eines Betriebsgeländes. Ein Haufen Bauschutt scheint selbst den Weg nicht mehr herauszufinden. Sind wir schon zu weit gegangen? Kehren wir um oder gehen wir weiter? Die Grenze zwischen Sturheit und Ehrgeiz ist sehr schmal und schwer erkenntlich für den Verstand, vor allem wenn sich Entscheidungen erst dann als gut herauszustellen, nachdem sie sich bewähren. Wie sollen wir denn hier herauskommen? Die Abkürzung droht eine Sackgasse zu sein.
Doch mir fällt ein, dass Menschen immer nach dem kürzesten Weg suchen, wenn sie etwas erreichen wollen. Daher muss es im jeden Zaun auch ein Loch geben. Man achtet nicht auf Besitz, wenn die Abkürzung so offensichtlich ist. Denn erinnere Dich, als Du noch ein Kind warst, als Dich der Drang mit mir zu spielen Dich gepackt hat, dann hattest Du auch nicht mehr darauf geachtet in wessen Besitz ich mich befand. Ein Zeichen, dass sich das Gespür fürs Benutzen immer schon früher als das Gespür fürs Besitzen gebildet hat. Denn der Besitz ist für Menschen, meiner Erfahrung nach, der Versuch die gemeinschaftliche Ausübung und der daraus resultierte Nutzen, nur mehr alleine für sich selbst zu beanspruchen. Den Anderen den Zugang zu verhindern, eben wie ein Zaun. Zum Glück, da sich die Wachhunde bemerkbar machen, stellt sich die Entscheidung das Betriebsgelände zu überqueren, als ergiebig heraus. Auf den kleinen Weg durch die Böschung gehen zwei Betriebsarbeiter, die ohne dass sie uns beachten, anscheinend den schnellsten Weg nach Hause suchen. Damit ist das Loch im Zaun gefunden. Wir folgen ihnen einfach auf den schmalen Weg weiter, überqueren die Schienen und kommen wie aus einer anderen Welt mitten in der Stadt an.
Da begrüßt du uns mit offenen Armen und geballter Hand. Du stehst da, wo früher schon andere standen. Wie Lenin blickst du, mit strenger Mine die Geschichte an, scheinst entschlossen dich zu fragen: Welches Schicksal, liebe Sofia, nimmst du an? Weisheit, Macht und Schönheit sollst du in deinen Armen tragen, doch ohne wahren Namen und eigener Vergangenheit, wird nur die Krone und die Haut glänzend erscheinen. Du bist eine traurige römisch-christliche Puppe der Gegenwart. Für ewig bleibst du im Gegenwind gefangen. Die Statue “Sofia”, weißt Du, ihre Vergangenheit? Wie wird aus einem Zeichen, das Wahrzeichen einer Stadt?
Dein Blick richtest du auf das stolze Gebäude vor dir. Ich frage mich, war sich in den Schatten verbirgt. Dies ist das ehemalige Parteigebäude der Kommunistischen Partei, heute Teil der bulgarischen Regierungsgebäude.
Kurz darauf, überraschend, treffen wir zum ersten Mal, die bulgarischen Löwen. Sie sind zur zweit und scheinen den Justizpalast zu schützen. Beide blicken zum Horizont, mehr besorgt für das was auf sie zukommt, als für das was sie bewachen.
Vor der Banja-Baschi-Moschee, wollen wir die Straße überquere. Da bleibe ich kurz stehen. Was sehe ich da? Der Praktiker? Elektrizität, Banken, Glaube und Entspannung? Es hupt! Ich eile auf die andere Straßenseite. Der Fahrer hat keine Geduld.
Zentrales Mineralbad Sofia & Zentralmarkthalle Sofia
Wir stehen vor hundert Plastikstühlen und einer großen Leinwand. Was für einen Film läuft hier ab? Hier müssen sich die Kulturreisenden treffen. Da es Sommer ist, wird hier am Abend, vor dem Nationaltheater „Iwan Wasow“, ein Kulturprogramm angeboten.
Was alle Kulturreisen begleitet sind die Kulturerfahrung und der Kulturkonsum. Das zweite ist in einer Art Verpackung umhüllt, dass immer Mühl nach sich führt. Doch wann und warum die Kulturbesucher der Wahrheit den Rücken zugekehrt haben, bleibt ein Mysterium heutzutagen. Die Wassertropfen glitzern im Sonnenschein als würde der Mühl nicht da sein.
Nationales Archäologisches Museum & Synagoge in Sofia
Kathedrale Sweta Nedelja & Sveta Petka Samardziska
Zur meiner Überraschung entdecke ich ein Dach, das aus dem Boden ragt. Kleine Schätze unterhalb der Straßendecke. Die Sveta Petka Samardziska ragt heraus, alt aber für Besucher schön gemacht.
Rotunde des Heiligen Georg
Ob sich der Unmut des Bewohners, zur Zeit des ältesten römischen Bauwerks in Sofia, auf die gleiche Weise äußerte, wie der Unmut des Jetzigen?
Skulpturen im Park & Alexander-Newski-Kathedrale
Die Russen hatten in Bulgarien immer ihre Spuren hinterlassen, nicht nur die Russische Kirche Sweta Nikolai, denn vieles sei dem Liberator Kaisers Alexander II. zu verdanken.
Dort! Vor dem Denkmal des “Unbekannten Soldaten”. Der bulgarische Löwe! Siehe, wie sein Blick, das von ihm vertraute Gesicht, zwischen den Soldaten sucht. Sein Zweifel lähmt ihn. Wozu der Tod?
Es gibt für jede Kontrollausgabe das passende Haus. Hier das Parlamentsgebäude, dort das ´Ampelhaus´. Von Groß und Klein, jeder trägt in dieses Stadt etwas bei! Wenn das Timing nicht mehr funktioniert, greift der Mensch in der Zeit, intuitiv.
Nationale Kunstgalerie
Ist Dir das bekannt? Ja! Ein kleines Lächeln kommt mir auf. In eine kleine Seitengasse, sichern zwei Überwachungskameras das berühmte Wandgemälde ab.
Was mir an Sofia so gefällt, ist das sie mit allem was sie vorfindet umzugehen versteht.
“Und wenn du von ausländischer Kunst nicht genug hast, dann schau mal in der National Gallery for Foreign Art.” hat mir meine Freundin gesagt.
“Good Night Sofia!”